Der digitale Handel hat die Wirtschaftslandschaft grundlegend verändert. Elektronische Marktplätze sind zu Schlüsselakteuren geworden, die globale Handelsströme neu definieren und traditionelle Vertriebskanäle herausfordern. Sie sind für viele Unternehmen ein unverzichtbarer Vertriebskanal geworden. Plattformen wie Amazon, eBay oder Kaufland bieten Verkäufer:innen die Möglichkeit, ihre Produkte einem breiten Publikum anzubieten – schnell, einfach und effizient. Mit diesem Bedeutungszuwachs sind jedoch auch komplexe rechtliche Anforderungen entstanden. Die Europäische Union hat in den letzten Jahren einen umfassenden Regulierungsrahmen geschaffen, der elektronische Marktplätze vor neue Herausforderungen stellt. Kontrollpflichten zielen so zum Beispiel darauf ab, Verbraucherschutz, Produktsicherheit und faire Handelsbedingungen zu gewährleisten. Doch was bedeutet das konkret? Welche Verantwortung tragen elektronische Marktplätze, und welche Auswirkungen hat das auf Händler:innen, die diese Plattformen nutzen? 

Was sind elektronische Marktplätze?

Elektronische Marktplätze, auch als virtuelle oder digitale Marktplätze bekannt, sind internetbasierte Plattformen, die als Schnittstelle zwischen Käufer:innen und Verkäufer:innen fungieren. Sie sind sowohl im B2B- als auch im B2C- und C2C-Bereich verbreitet und bieten einen virtuellen Ort, an dem Handelspartner:innen miteinander kommunizieren und Geschäfte abwickeln können. Sie ermöglichen den Handel mit Waren und Dienstleistungen, ohne dass die Plattform selbst direkt als Verkäufer auftritt. Zu den bekanntesten Beispielen gehören globale Plattformen wie Amazon, eBay oder Etsy. Ein wesentliches Merkmal elektronischer Marktplätze ist, dass sie oft eine Vielzahl von Dienstleistungen für Verkäufer:innen bereitstellen. Dazu zählen die technische Infrastruktur für die Produktpräsentation, Zahlungsabwicklung, Kundenkommunikation und oft auch Logistiklösungen.  

Die Rolle dieser Plattformen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt: Sie sind längst nicht mehr nur ein Ort für Transaktionen, sondern übernehmen zunehmend auch Kontrollfunktionen. Insbesondere im Bereich der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften – wie etwa bei Verpackungslizenzen oder Produktkennzeichnungen – rückt ihre Verantwortung stärker in den Fokus der EU-Gesetzgebung. 

Rechtlicher Rahmen für elektronische Marktplätze in der EU

Elektronische Marktplätze in der EU tragen in mehreren Ländern bereits die Verantwortung, sicherzustellen, dass ihre Verkäufer:innen auf ihrer Plattform die Verpflichtungen der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) einhalten. Diese Kontrollpflichten sind jeweils in den nationalen Gesetzgebungen verankert und betreffen insbesondere EPR-relevante Bereiche wie Verpackungen, Elektro- und Elektronikgeräte (WEEE) sowie Batterien. Grundlage der nationalen Gesetzgebungen ist die EU-Verpackungsrichtlinie 94/62/EG 

Seit der Einführung des europäischen Digital Services Act (DSA) im Jahr 2022 wurden diese Pflichten nochmals präzisiert und erweitert. Der DSA verlangt unter anderem, dass elektronische Marktplätze mehr Verantwortung für die Transparenz von Verkäufer:innen und die Sicherheit der angebotenen Produkte übernehmen. Dazu gehört auch, dass sie proaktiv Maßnahmen ergreifen müssen, um Verstöße gegen geltende Vorschriften zu verhindern. 

Ziele der EU-Kontrollpflichten

Die Kontrollpflichten für elektronische Marktplätze verfolgen klare Ziele: Sie sollen die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften im Online-Handel sicherstellen, Verbraucher:innen schützen und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. In der Vergangenheit konnten sich Händler:innen, die keine gesetzeskonformen Verpackungslizenzen oder Produktsicherheitszertifikate vorweisen konnten, oft unbemerkt durch das System bewegen. Dies führte nicht nur zu einem Wettbewerbsnachteil für regelkonforme Anbieter:innen, sondern auch zu einem erhöhten Risiko für Verbraucher:innen. 

Ein weiteres Ziel der Kontrollpflichten ist es, die Verantwortung gerechter zu verteilen. Indem Marktplätze stärker in die Pflicht genommen werden, trägt die EU dem Umstand Rechnung, dass diese Plattformen eine zentrale Rolle im modernen Handel einnehmen und oft besser in der Lage sind, gesetzliche Anforderungen zu überwachen als einzelne Händler:innen. 

Hauptkontrollpflichten in der EU

Neben Deutschland müssen Verkäufer:innen auch in Frankreich, Spanien und Österreich dem jeweiligen Marktplatz Nachweise vorlegen.

Deutschland:

  • Elektronische Marktplätze müssen seit 2022 überprüfen, ob Händler:innen ihre Verpackungen ordnungsgemäß nach dem Verpackungsgesetz (VerpackG) lizenziert und registriert haben.
  • Plattformen sind verpflichtet, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Verstöße gegen das VerpackG zu verhindern, beispielsweise durch das Einholen der Registrierungsnummer aus dem Verpackungsregister LUCID.
  • Seit Juli 2023 müssen Marktplätze in Deutschland ebenfalls die Erfüllung der EPR-Pflichten nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) überprüfen. Hersteller:innen und Händler:innen müssen für Produkte, die unter das ElektroG fallen, einen Nachweis der Stiftung EAR vorlegen können (WEEE-Nummer).

Frankreich:

  • Marktplätze müssen sicherstellen, dass Verkäufer:innen ihre Produkte korrekt gemäß den Anforderungen der EPR im Anti-Waste Law for a Circular Economy (AGEC) registrieren.
  • Für bestimmte Produktkategorien wie Verpackungen, Elektrogeräte, Möbel oder Textilien müssen Händler:innen eine EPR-Registrierungsnummer (Numéro Unique) und einen Nachweis über die Teilnahme an einem Rücknahmesystem vorgelegen.

Spanien:

  • Auch in Spanien müssen elektronische Marktplätze die EPR-Compliance ihrer Händler:innen kontrollieren.
  • Plattformen müssen Händler:innen, die diesen Pflichten nicht nachkommen, von der Listung ausschließen.

Österreich:

  • Elektronische Marktplätze sind nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) verpflichtet, zu überprüfen, ob Händler:innen am österreichischen EPR-System teilnehmen.
  • Wie in Deutschland dürfen nicht lizenzierten Anbieter:innen der Zugang zur Plattform verwehrt werden.

Auswirkungen auf Verkäufer:innen auf elektronischen Marktplätzen

Händler:innen, die die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen oder die erforderlichen Nachweise nicht erbringen, riskieren, von den Plattformen ausgeschlossen zu werden. Dies kann Umsatzeinbußen nach sich ziehen, insbesondere für Unternehmen, die stark vom Online-Handel abhängen. Die Regelungen bringen für viele Verkäufer:innen einen erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich. Insbesondere kleinere Unternehmen oder internationale Händler:innen, die auf mehreren Märkten aktiv sind, stehen vor der Herausforderung, die unterschiedlichen nationalen Anforderungen zu erfüllen. 

Regelkonforme Verkäufer:innen können aber von den Vorgaben profitieren: Sie genießen einen Wettbewerbsvorteil, da illegale oder nicht lizenzierte Anbieter zunehmend von den Plattformen ausgeschlossen werden. Dies sorgt für fairere Marktbedingungen und mehr Vertrauen seitens der Kund:innen. 

Ausblick und Entwicklung der Kontrollpflichten

Durch die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) ist ein Wandel im Gange. Die Kontrollpflichten für elektronische Marktplätze in der EU werden sich in den kommenden Jahren voraussichtlich weiterentwickeln. Mit dem zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Transparenz im Online-Handel könnten neue Regelungen folgen. Es ist zu erwarten, dass bestehende Gesetze zu 2026 weiter präzisiert und verschärft werden. So könnten elektronische Marktplätze künftig noch stärker in die Pflicht genommen werden, die Einhaltung von Umwelt- und Sicherheitsstandards durch ihre Händler:innen zu überwachen. 

Derzeit unterscheiden sich die Kontrollpflichten noch stark zwischen den Mitgliedsstaaten. In Zukunft könnte die EU verstärkt darauf hinarbeiten, einheitliche Regelungen zu schaffen, die grenzüberschreitend gelten. Dies würde es Plattformen und Verkäufer:innen erleichtern, die Anforderungen zu erfüllen und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Langfristig dürften die Kontrollpflichten dazu beitragen, den Online-Handel fairer, nachhaltiger und sicherer zu gestalten – sowohl für Verkäufer:innen als auch für Verbraucher:innen. 

Schon Pflichten in der EU gecheckt?

Mit LIZENZERO.EU geht Verpackungscompliance in Europa ganz einfach.

Ihr versendet Produkte in verschiedene Länder der EU? Viele unterschiedliche gesetzliche Anforderungen und Pflichten können das Ganze ziemlich kompliziert machen – aber keine Sorge, wir machen das für euch. Wie? Wir übernehmen mit unserem Lizenzierungsservice per Vollmacht alle Pflichten. Klingt gut? Wir beraten euch gerne.

Für den Versand nach Deutschland erfüllt ihr eure VerpackG-Pflichten übrigens ganz einfach selbst über Lizenzero.de.

PPWR Zusammenfassung: Die neue EU-Regulation für Verpackungen in Deutschland

PPWR Zusammenfassung: Die neue EU-Regulation für Verpackungen in Deutschland

Die Europäische Union verfolgt ambitionierte Pläne zur Förderung der Nachhaltigkeit von Verpackungen. Besonders deutlich wird dies durch den Entwurf der Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR), der im November 2022 veröffentlicht wurde. Dieser legt verbindliche Vorgaben für Verpackungen und Verpackungsabfälle auf dem europäischen Markt fest und geht dabei über die bisherige EU-Richtlinie hinaus. Die PPWR würde als Verordnung einheitlich in allen 27 EU-Mitgliedstaaten gelten, was im Gegensatz zu bisherigen Richtlinien weniger Spielraum für nationale Anpassungen lässt.

read more
EPR-Update 2025: News für Unternehmen

EPR-Update 2025: News für Unternehmen

In ganz Europa sind die gesetzlichen Regelungen für Verpackungen und andere EPR-Schemes immer in Bewegung und werden ständig angepasst. Direkt zum Anfang dieses Jahres sind mehrere neue Verordnungen zur erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) in Kraft getreten. Neue Gesetze in verschiedenen EU-Ländern betreffen unter anderem Hersteller:innen und Händler:innen von Batterien, Elektro- und Elektronikgeräten, Verpackungen und Textilien. Wir haben für euch die wichtigsten EPR-Updates zusammengestellt, damit ihr kein To-Do verpasst.

read more
Vorsprung durch Nachhaltigkeit: Die Chancen der PPWR nutzen

Vorsprung durch Nachhaltigkeit: Die Chancen der PPWR nutzen

Die europäische Gesetzgebung wird immer ambitionierter, wenn es um den Schutz der Umwelt und die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft geht. Besonders im Fokus: die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR), die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt – und gleichzeitig große Chancen bietet. Denn wer sich frühzeitig auf die kommenden Anforderungen einstellt, kann nicht nur Strafen und kostspielige Nachbesserungen vermeiden, sondern vor allem seine Wettbewerbsfähigkeit stärken.

read more